Krieg… darf ich trotzdem lachen?
Gestern telefonierte ich mit meiner Freundin Claudia.
Nach ausgiebigem Gedankenaustausch über die fürchterlichen Ereignisse in der Ukraine berichtete sie mir von ihrem bevorstehenden Skiurlaub in der Schweiz, den sie und ihr Mann vor vielen Monaten gebucht und nach der langen Corona-Durststrecke ungeduldig erwartet haben.
Doch zwischen den gesprochenen Zeilen las ich Scham statt enthusiastischer Vorfreude und konfrontierte Claudia direkt mit meiner Vermutung.
‚In der Ukraine tobt Krieg und ich vergnüge mich auf der Skipiste‘, ist das nicht pietät- und geschmacklos?‘ erwiderte sie mir daraufhin zweifelnd.
Weiterleben wie bisher in Krisenzeiten, pietätlos?
In einer Situation, in der schreckliche Dinge um uns herum passieren, einfach weiterleben wie bisher? Darf man das?
Wahrscheinlich für jeden von uns eine sehr präsente Frage, gerade in Zeiten von Corona oder jetzt des Krieges in der Ukraine.
Aber wie gehe ich persönlich, einmal mehr als ‚transparente‘ Bloggerin, mit genau dieser Frage, aber auch meinen Ängsten, Zweifeln und Skrupeln um?
Darf ich einfach weiter lebensfroh sein und mich auch an belanglosen Dingen erfreuen, wenn andere bittere Not leiden?
Zu diesem Thema hat Ronja von Wurmb-Seibel, eine Journalistin, die lange in Afghanistan und Kabul gelebt hat, ein interessantes Buch ‚Wie kommen wir klar in der Krise‘ geschrieben.
https://web.de/amp/36674458
Mein Überlebensinstinkt
Gerade in Krisenzeiten habe ich gelernt, meinen Überlebensinstinkt zu aktivieren.
Für mich ist es längst eine Form von ‚gesund-egoistischem‘ Selbsterhaltungstrieb, den ich während meines Burnouts vor vielen Jahren als Strategie für mich entdeckt und kultiviert habe.
Glück senkt den Stresslevel und stärkt die Immunabwehr, daher möchte ich gerade in Krisenzeiten auf die kleinen und großen Serotonin-Momente nicht verzichten.
Persönlicher Selbstschutz
Ein Selbstschutz mit dem jeder für sich anders umgeht.
Fühlen sich die einen, gerade jetzt in dieser aktuell brisanten Kriegslage, dazu berufen, an der Front zu helfen oder auf der Straße zu demonstrieren,
spenden andere lieber, dröhnen sich mit Arbeit zu oder lenken sich bewusst mit ihren Lieblingsbeschäftigungen ab.
Alles darf sein, was Angst, Niedergeschlagenheit und Panikmache vermeidet und den anteilnehmenden Blick über den eigenen Tellerrand erlaubt.
Und Mitgefühl und Solidarität mit den Betroffenen und der allgemeinen Krisen-Situation schließen einen erfüllten Alltag mit weiterhin gelebten Glücksmomenten nicht aus.
Genau dieser immer mal wieder gelebte Balsam für meine Seele ebnet mir vielmehr einen wichtigen Weg für Widerstandkraft und Immunstärke, für ein gesundes Nervensystem und das Säen von Hoffnung und Zuversicht, den ich
für mein Leben dringend benötige und gerne an andere weitergebe.
Suche nach Spaß
Ist in diesen Krisensituationen die Lust auf Ablenkung und Spaß also wirklich dekadent, egoistisch und pietätlos?
„Ich will Spaß, ich will Spaß. Ich geb Gas, ich geb Gas.“ 1982 erschien dieser Partykracher.
Ein junger Mann namens Markus hüpfte damals im zugehörigen Video über die Bühne.
Der Song feiert dieses Jahr seinen 40. Geburtstag. Waren das damals einfach nur rosigere und bessere Zeiten, um Spaß zu haben?
Eher nein, meinte Markus lächelnd bei einem Interview.
Auch damals passierte Unschönes und Bedrohliches…
Vielleicht wollte er ja nur mutig und provokativ aufrütteln, den geschundenen Seelen eine kleine Verschnaufpause gönnen und ein wenig Normalität leben…
Resilienz ist trainierbar
Gerade in Zeiten von Corona und dem Ukraine-Krieg mentale Widerstandsfähigkeit zu trainieren, hält mich und meine Psyche im Gleichgewicht.
Aber wie genau packe ich diese Resilienz an, wenn um mich herum und in mir drin Ratlosigkeit, Wut und vielleicht auch Angst herrschen, wie augenblicklich durch den Ukraine-Krieg?
Hier ein paar persönliche und lose Gedankenfetzen dazu…
*Zu überlegen, ob und wie ich helfen kann, ist Balsam für meine Seele.
*Mich mit Neuem zu beschäftigen, mir Ziele zu setzen und auch Konkretes zu planen hilft mir, positiv vorauszuschauen.
*Viel Zeit mit unserem Vierbeiner zu verbringen ist ganz besondere Quality-Time, er kennt keinen Krieg und ist immer gut drauf.
*Meine mediale Kriegs-Berieselung rigoros auf ein gesundes Minimum zu reduzieren und mir abends als Betthupferl lieber einen lustigen Film anzuschauen oder ein gutes Buch zu lesen.
*Mich bewusst mit positiven Menschen auszutauschen.
*Sauna, Sport, Bewegung an der frischen Luft und fleißiges Sammeln von Serotonin wirken gerade jetzt Wunder bei mir.
*Selbstbewusst und ohne schlechtes Gewissen mir schöne Auszeiten oder mal einen Tapetenwechsel zu gönnen.
*Meinen Optimismus zu trainieren, indem ich mein destruktives Gedanken-Karussell anhalte:
Meine Challenge: Best-Case statt Worst-Case!
*Mir immer wieder meiner Verantwortung als ‚optimistische Mutter‘ bewusst zu werden, hilft mir beim positiven Denken und Vorausschauen.
*Einen passenden Gesprächspartner in petto zu haben, wenn trotzdem mal wieder der Angst-Gaul mit mir durchgehen sollte.
*Meinen Hobbies nachgehen…. am liebsten fotografieren, sporteln oder kreativ arbeiten.
Wochenende mit Freunden trotz Kriegsgeschehen
Das letzte Wochendende verbrachten wir zu sechs Freunden ‚zuhause‘ in der Steiermark.
Natürlich haben wir über den Krieg gesprochen.
Die einen erzählten von einer ukrainischen Mutter mit ihren drei Kindern, die sie bei sich aufgenommen haben.
Andere kennen ebenfalls Laura und ihre Tochter, von der ich im letzten Blogpost berichtet habe.
Aber wir haben uns auch über viele andere erfreulichere Themen unterhalten, lecker gekocht, gelacht und an einem Abend bei lauter Musik aus den 70ern sogar ein wenig getanzt.
Krieg… darf ich trotzdem lachen? Ich muss sogar!
Eure Bibi
p.s. Wir suchen in Deutschland weiterhin nach Unterbringungsmöglichkeiten für ukrainische Flüchtlinge, hier nochmals mehr Infos dazu https://schokoladenjahre.com/wahre-helden/.
Weitere seriöse Spendenadressen :
https://www.dzi.de/dzi-spenden-info-nothilfe-ukraine-2/
auch kleine Spenden bewirken jetzt Wunder!